Der Bergmannsverein "Glückauf" und das Doppelstandbild von Bleicherode

Die "nackten Männer", so nennt etwas despektierlich der Bleicheröder Volksmund das bronzene Doppelstandbild "Krieg und Frieden", welches auf dem Gelände der ehemaligen Berginspektion im Schatten von Steinlinden stehend, sich den Blicken eines flüchtigen Betrachter gelegentlich entzieht. Im wahrsten Sinne des Wortes, im Schatten standen die beiden Jünglinge als Sinnbilder des Krieges und des schaffenden Menschen viele Jahrzehnte,  war doch ihre kunsthistorische Bedeutung nur wenigen wirklich bekannt. Ihr Schöpfer, der Bildhauer Gerhard Marcks, hatte die Doppelstatue im Auftrage der PREUSSAG geschaffen und zwar durch Vermittlung des Werksdirektors Bergassessor Kropp. Das Zwillingspaar "Krieg und Frieden", als Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges und für die Opfer der Arbeit, hatte  am 1. Mai 1939 seine feierliche Einweihung erhalten. Die Vorderseite des Sockels trägt folgende Inschrift:

 

Den Kameraden, die für unser Werk

und unser Volk ihr Leben hingaben.

 

"Krieg und Frieden", das Doppelstandbild, "dass  seine Distanz zur offiziellen Politik des Dritten Reiches bewahrte" wie der Kustos im Gerhard Marcks-Haus in Bremen bemerkte, hätte nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches weiter das Denkmal des Kaliwerkes in Bleicherode sein können. Doch das Doppelstandbild geriet zunehmend ins Abseits des öffentlichen Bewusstseins. Lag es an der Einweihungsfeier, die seinerzeit mit den Machtsymbolen der nationalsozialistischen Zeit vollzogen wurde? Der Bildhauer, der im Dritten Reich öfter als "entarteter Künstler" angegriffen wurde, dessen Werke aus Ausstellungen entfernt wurden, stand nicht in der Kritik. Wie auch immer. Über all die Jahre gaben die  Bergwerksführungen des Bleicheröder Bergwerkes kein nachhaltiges Interesse zu erkennen, das Standbild vom nationalsozialistischen Beiwerk seiner Einweihung zu säubern und es als das Ehrenmal  Bleicheröder Bergleute anzunehmen, auch ohne die Kenntnis seiner  kunsthistorischen Bedeutung. Möglicherweise war man in dieser Angelegenheit auch an Weisungen übergeordneter Funktionäre gebunden.

Denkmal "Krieg und Frieden"

Lange Zeit trugen auch der Vorstand und die Mitglieder des Bergmannsvereins "Glückauf" an jenem aus DDR-Zeiten  mitgenommen Zwiespalt. Ausdruck der Unsicherheit war die Errichtung eines Gedenksteines für die im Bergwerk verunfallten Bergleute auf dem Schiller-Platz. Mit dem jährlich zum Bergmannsfest wiederkehrenden Gedenken an die Opfer schloss man zunächst eine Rückbesinnung auf das besagte Denkmal aus. Nur ganz allmählich, mit zunehmenden Informationen zum Standbild, zu den Schaffensperioden von  Gerhard Marcks und vor allem zu seinem persönlichen Lebenslauf,  verspürte man eine Wandlung in der Sicht auf das Denkmal "Krieg und Frieden". Da gab es 1999/2000 in Magdeburg die Ausstellung "Gerhard Marcks - Mensch und Maß", die von einem Mitglied des Vorstandes besucht wurde und die tief greifende Eindrücke vermittelt hat. Den entscheidenden Anstoß löste der Aufsatz von Arie Hartog, Kustos des Gerhard-Marcks-Hauses in Bremen, aus unter dem Titel "Teamwork gegen den Geist der Zeit - Einige Bemerkungen zum Denkmal von Gerhard Marcks"., der für  unsere Festschrift "100 Jahre Bergbau in Bleicherode" verfasst wurde.

2005, der "Tag des offenen Denkmals", der bundesweit unter dem Motto "Krieg und Frieden" stand, wurde für das gleichnamige Denkmal von Gerhard Marcks zu einem besonderen Tag. Für den Kreis Nordhausen eröffnete der Landrat Joachim Claus diesen traditionellen Tag vor dem so lange vergessenen Denkmal von Bleicherode. Zum ersten Mal standen wieder Abordnungen der Bergmannsvereine aus Nordhauen und Bleicherode mit ihren Fahnen zu beiden Seiten der Doppelstatue "Krieg und Frieden" und mit ihnen das Bleicheröder Bergmanns-Blasorchester. Der Direktor der Gerhard-Marcks-Stiftung Bremen, Dr. Jürgen Fitschen konnte sehr lebendig, sehr eindrucksvoll die Bedeutung der Doppelstatue erläutern. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte der Steinmetz - Betrieb Schäufele die nicht mehr zu lesende Sockelinschrift erneuert.
Die Doppelstatue "Krieg und Frieden"  stand nun wieder im Mittelpunkt des Interesses, nach langen sechs Jahrzehnten des Schattendaseins und das nicht nur von Lindenbäumen. Es bleibt zu  hoffen, dass das Denkmal diesen herausgehobenen Platz behalten wird im Interesse der Stadt Bleicherode und vor allen Dingen seiner Bleicheröder Bergleute.

Tag des offenen Denkmals 10. September 2005, Festveranstaltung
Nicht unerwähnt bleiben sollte ein besonderes Stück deutsch - deutscher Zusammenführung, in der die Figurengruppe zu einem Streitobjekt wurde. Die Erben des Werksdirektors Kropp kündigten der Stadt an, das Denkmal abholen zu wollen unter der Behauptung, das Denkmal wäre seinerzeit von diesem privat bezahlt worden und nicht von der PREUSSAG. Erst ein langwieriger Rechtsstreit  entschied zu Gunsten der Stadt Bleicherode. Ein kleines Stück dazu beitragen konnte auch der Bergmannsverein "Glückauf" durch seinen Kameraden Armin Heynke, der dem Bürgermeister Dieter Kochbeck einige Quellenhinweise zur Verfügung stellen konnte.

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