Der Förderverein "Bergbaumuseum Bleicherode"

Der Förderverein "Bergbaumuseum Bleicherode" -  ein Versuch

Es ist der 6. März 1991. Vierunddreißig Herren, besser gesagt Männer, ausnahmslos Bergleute, aktive und ehemalige, haben sich im Kali-Kulturhaus von Bleicherode zusammengefunden, um dem im Zuge der politischen und wirtschaftlichen Neuordnung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nunmehr stillgelegten Kaliwerk Bleicherode eine neue Perspektive zu geben und dem Standort, an dem seit über neunzig Jahren Kali produziert wurde, ein Denkmal zu setzen.
Es ist bei vielen unverständlich, gibt es doch bis dato im Mutterland des Kalibergbaues kein zentrales Museum, keine umfassende industriearchäologische  Inventarisation  für diesen wichtigen  Bergbauzweig, für den einst größten Kaliproduzenten der Welt. Die Sachzeugen an der Wiege des Kalibergbaus im Staßfurter Raum sind längst untergegangen, nicht bewahrt worden. Hieraus könnte sich für das Bleicheröder Bergwerk die historische Chance für ein zentrales Industriemuseum für den Kali- und Steinsalzbergbau ergeben, so jedenfalls die vorausgegangenen  Überlegungen der Teilnehmer an diesem 6. März, wobei sie sich früherer Gedanken und Vorstellungen  aus dem  VEB Kombinat  KALI  erinnerten. Danach galt das Kaliwerk "Karl Liebknecht" mit seiner hervortretenden Industriearchitektur nach dem Auslaufen der Produktion als einer der zukünftigen Standorte für ein Technisches Nationalmuseum der DDR. Warum sollte das nicht auch heute Realität werden können unter den neuen Gegebenheiten? Das noch vorhandene, nach einheitlichen Gesichtspunkten errichtete und dem Anspruch des preußischen Staates entsprechend aufwendig gestaltete Industrie-Ensemble mit dem einprägsamen Uhrenturm am westlichen Zechenhaus, die Fördergerüste, die Maschinenhäuser mit den historisch wertvollen Dampffördermaschinen, zahlreiche Geräte und Ausrüstungsgegenstände waren zu erhalten und boten dem stillgelegten Kaliwerk als Bergbaumuseum und einem, wenn auch kleinen Teil der Belegschaft, eine neue Perspektive. Und so beschließen die Anwesenden an diesem Tag, den gemeinnützigen Förderverein "Bergbaumuseum Bleicherode" zu gründen.

Das übliche Prozedere einer Gründungsversammlung: eine Satzung wird beschlossen und der Vorstand gewählt. Den Vorsitz übernimmt der Diplom- Bergingenieur Werner Päseler, ihm zur Seite stehen die Diplom – Ingenieure Horst Schulze als Stellvertreter und Schatzmeister sowie Armin Heynke als Schriftführer. Zu Beisitzern werden bestimmt die Diplom – Ingenieure Peter Reinecke, Udo Tischbein, Karl-Hermann Hauske und als Vertreter des Bergwerkseigentümers der Werkdirektor Klaus Maelzer.
Vom Bürgermeister der Stadt Bleicherode und vom Bergwerksdirektor werden dem Verein alle erdenkliche Unterstützung zugesagt, will man doch jede Möglichkeit nutzen, die Arbeitslosigkeit am Ort zu senken und neue kulturelle Glanzlichter zu setzen. In diese Richtung sollen auch die Bemühungen gehen, für die sich Herr Hauske bei der Landesregierung von Thüringen verwenden will.
Dann beginnt ein schwieriger und mühseliger  Teil an Arbeit für den Vorstand. Behördengänge, Ansprechen und Einbeziehen von Personen und Institutionen, die für die Sache wichtig werden könnten oder es bereits schon sind. Widerstände und Konkurrenzbestrebungen versucht man auszuräumen. Nach einer ersten Vorstellung beim Vorstand der Mitteldeutschen Kali AG  (Rechtsnachfolger des VEB Kombinat KALI) hat der Vorstand den Eindruck gewonnen, dass das Bergbauunternehmen der Einrichtung eines Museums wohlwollend gegenübersteht. Zum Glück erhält der Verein prominente Unterstützung vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum, in Person seines Direktors Dr. Rainer Slotta, der am 22.
April 1991 zu einer ersten Kontaktaufnahme das Bergwerk besucht. Als Kenner zahlreicher Bergwerksanlagen in Deutschland plädiert Herr Dr. Slotta leidenschaftlich für das Bleicheröder Projekt mit einem Aufsatz "Das Kaliwerk Bleicherode als zentrales Denkmal der deutschen Kaliindustrie – eine Chance", sowie mit zahlreichen Gesprächen und Briefen.
Bereits am 4. April  werden gemeinsam mit der Entwicklungsgesellschaft des Landkreises Nordhausen ( EGN ) erste praktische Schritte vereinbart, wozu von Seiten des Vereins die Erarbeitung einer Konzeption zum Aufbau einer derartigen Einrichtung dringend geboten ist.
Reparatur der Schachtmauer - Juni 1992

In Vorbereitung auf das Vorhaben "Bergbaumuseum" werden zum 1. Juni 1991 die  ersten sieben Arbeits-Beschaffungsmaßnahmen begonnen.
Um alle notwendigen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten zielgerichtet vornehmen zu können, errichtet die EGN  auf der Bleicheröder Schachtanlage eine Nebenstelle "Bergbau-Museum" mit 34 Arbeitkräften. Ihr Tätigkeitsfeld  werden Sanierungs- und Reparaturarbeiten an der Schachthalle mit dem Mahlwerk und an der Schachtmauer sein.

Den Schwerpunkt der EGN - Arbeit bildet der Wiederaufbau des Fördermaschinen-Gebäudes Schacht I, das bei einer Havarie am 16. Oktober 1990 schwer beschädigt worden war.
Im Verein beginnt die Recherche für eine Inventarisation technischer Geräte und Ausrüstungen der Kaliindustrie, u. a. im Steinsalzbergwerk Gröna.

Wiederaufbau des Nordgiebels
Bei allem bleibt die Klärung einer Frage unerlässlich, wie lässt sich eine gesicherte Trägerschaft  erreichen als unabdingbare Voraussetzung für den dauerhaften Betrieb des Bergbaumuseums. Können das Land, der Kreis, die Stadt und natürlich die betreffende Industrie im Wesentlichen in Gestalt der Kali- und Salz AG Kassel,
eingebunden werden? An dieser Frage wird letztlich das Vorhaben "Bergbaumuseum in Bleicherode" scheitern.

Die Arbeit der EGN Außenstelle "Bergbau-Museum" endet daraufhin am 30. Juni 1993. Abermals stehen Bergleute ohne Arbeit auf der Straße. Im Untertage-Bereich werden laut Beschluss der Kali-Südharz AG vom 20. August 1991 die vorgesehenen Verwahrungsmaßnahmen durch Einbringen von Massengütern fortgesetzt. Sie werden einige Jahre später die Grundlage bilden für eine erfolgreiche Fortführung des Bergwerkbetriebes für einen längeren Zeitraum.

Als Gründungsmitglied des "Landesverbandes der Thüringer Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine" nimmt der Förderverein zumindest eine Seite bergbaulicher und bergmännischer Traditionsbewahrung wahr, obwohl er sich von seinen eigentlichen Zielen und Aufgaben zwangsweise immer mehr entfernen musste. Im Oktober 1995 schließlich, als durch den Verkauf des Bergwerkes Bleicherode an die NDH - Entsorgungsbetreibergesellschaft mbH (NDH-E) die Perspektive des Bergwerkes endgültig in eine andere Richtung gelenkt wurde, sieht der Förderverein "Bergbaumuseum" für seine eigentliche und im Statut verankerte Arbeit keine Basis mehr gegeben. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 21. Mai 1996 sprechen sich die anwesenden Mitglieder für eine Beendigung der Arbeit aus. 
Das heißt für den Moment, einfach auseinander gehen, oder? Um den vielen ehemaligen Mitgliedern vom Förderverein die verwurzelte Bindung an den Bergbau, zu bergbaulicher Tradition, eine Heimstatt geben zu können, erinnert man sich im Kreis des ehemaligen Vorstandes an den Bergmannsverein "Glück Auf" aus dem Jahre 1900 und diskutiert mit denen, die  Interesse zeigen, eine Neugründung mit zeitgemäßer Orientierung.
Das Ergebnis ist bekannt:
am 18. Juni 1996 ist die Neugründung des Bergmannsvereins
"Glückauf" Bleicherode.
Schacht Gröna

Schacht Gröna: Alter Pferdestall mit Blindschacht (1915),

433 m – Sohle, im  September 1991

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